Großeinsatz: Feuerwehr und Spezialfirma am Sonntagabend in Fehlheim stundenlang gefordert
Kripo ermittelt nach Labor-Räumung
Fehlheim. Am Morgen danach ist wieder Ruhe eingekehrt in das Wohngebiet am Ortsrand von Fehlheim. Wenige Stunden zuvor glich das Szenario in der Straße Am Niederwald eher dem eines kleinen Katastrophenfilms. Männer und Frauen in Schutzanzügen trugen Behälter mit Flüssigkeiten aus einer Garage. Häuser mussten evakuiert werden. Die Hauptstraße wurde zeitweise gesperrt.
Der Grund für den Großeinsatz von Feuerwehr, Polizei und DRK: ein Heimlabor mit Chemikalien, das offenbar seit längerer Zeit nicht mehr benutzt wurde (wir haben berichtet). Weil eine Flasche mit einer Säure geplatzt war, trat beißender Geruch aus. Der Hauseigentümer bemerkte den Gestank und erinnerte sich, so Stadtbrandinspektor Jens-Peter Karn, an das Labor unter dem Dach der Doppelgarage, das sein mittlerweile 31-jähriger Sohn während des Chemiestudiums betrieben hatte. Offenbar kam es auch zu einer kleinen chemischen Reaktion.
Einsatz dauerte bis 1.30 Uhr
"Ein Teil eines größeren Sortiments noch unbekannter Chemikalien war mutmaßlich durch unsachgemäße Lagerung in Verbindung mit der am Wochenende andauernden Hitze ausgetreten", teilte die Polizei am Montag zur Ursache mit. Weil die Feuerwehr nicht wusste, womit genau sie es zu tun hatte, "mussten wir Vorsichtsmaßnahmen treffen", so Karn.
Es sei unklar gewesen, um welche Stoffe es sich handele und ob sie nicht miteinander oder in Verbindung mit Sauerstoff reagieren. Es fehlten wohl Beschriftungen oder genaue Hinweise. Auch deshalb wurde eine Spezialfirma aus Wetzlar angefordert, die bis um 1.30 Uhr damit beschäftigt war, die Flüssigkeiten sachgemäß aufzuladen und in Spezialfässern abzutransportieren. Das Unternehmen hatte am Sonntag Notdienst.
"Wir hätten das auch lieber eine Nummer kleiner gehalten. Das war aber nicht möglich", so Karn. Auch ein Telefonat mit dem Besitzer des kleinen Labors brachte keine Klarheit. Um abzuklären, wie man weiter verfahre, habe man etliche Telefonate geführt - auch mit dem Regierungspräsidium, Fachbehörden und größeren Chemiekonzernen in der Umgebung. Die wollten den mutmaßlichen Sondermüll aber nicht bei sich auf dem Hof stehen haben.
Kosten trägt der Verursacher
So mussten am Ende die Experten aus Wetzlar anrücken. Auf deren Werksgelände werden die "Fundsachen" nun gelagert, bis die Kriminalpolizei ihre Ermittlungen abgeschlossen hat. "Der 31-Jährige wird wegen des unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Stoffen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen", betonte eine Polizeisprecherin.
Der Bensheimer Stadtbrandinspektor erklärte außerdem auf Nachfrage, dass die Kosten für den Einsatz vom Verursacher zu tragen seien. Nach seinen ersten Schätzungen dürften mindestens 30.000 bis 50.000 Euro zusammenkommen. Man habe es sich nicht leichtgemacht, versicherte Karn. Und habe sicherlich auch nicht einfach mal die Ausrüstung ausprobieren wollen. "Es war einfach zu vage und zu gefährlich, um das Ganze sich selbst zu überlassen."
Nach Angaben der Feuerwehr ist der Einsatz grundsätzlich gut gelaufen. Die Wehren aus Bensheim und Fehlheim evakuierten die umliegenden Häuser. Die Bewohner seien in einem DRK-Zelt verpflegt worden. Gegen 22.30 Uhr durften die Anlieger wieder in ihre Wohnungen zurück. Alarmiert wurden die Rettungskräfte gegen 17.45 Uhr. Bewährt hat sich laut Karn zudem der neue Einsatzleitwagen mit zwei modernen Arbeitsplätzen. Das Fahrzeug, vor einer Woche in Dienst gestellt, habe die Arbeitsabläufe und Kommunikationswege vor Ort erleichtert.
Verletzt wurde am Sonntagabend niemand, auch die meisten Betroffenen trugen den unerwarteten Rausschmiss aus den eigenen vier Wänden mit Fassung. Ortsgespräch war der Zwischenfall am Montag in Fehlheim aber nach wie vor.
© Bergsträßer Anzeiger, Dienstag, 09.06.2015 / Bild: Matern